Expertinnen und Experten sind sich einig: KI-Anwendungen wie ChatGPT sind gekommen, um zu bleiben. Denn sie vereinfachen viele Aufgaben und können dadurch vor allem im Arbeitsalltag eine enorme Unterstützung sein – vorausgesetzt man weiss, wie damit umgehen. Khalil Bawar, Digital & Innovation Enabling Manager bei der Schweizerischen Post, zeigt, was du mit ChatGPT alles machen kannst und vor allem wie du ihn richtig einsetzt, damit er dir möglichst viel Arbeit abnimmt.
Khalil Bawar: ChatGPT ist eine künstliche Intelligenz, die Texte verstehen und generieren kann. Fragt man ChatGPT selbst, was es ist, antwortet es: «Man nennt mich auch Chatbot oder Sprach-KI. Ich lerne aus grossen Mengen von Texten und kann deshalb auf Fragen antworten, Probleme lösen und sogar Gespräche führen. Mein Ziel ist es, Menschen zu unterstützen und ihnen nützliche Informationen zu geben.»
Alles, was du brauchst, ist ein Account, zum Beispiel durch dein Google-Konto. Damit kannst du dir auf Openai.com kostenlos ein Konto erstellen und direkt loslegen. Es gibt zwei Versionen: Eine ist gratis, die Bezahlversion ChatGPT Plus kostet aktuell 20 Dollar pro Monat.
Die Bezahlversion bietet verbesserte und umfangreichere Ergebnisse und ist besser verfügbar. Denn die Gratisversion war in der Vergangenheit aufgrund der hohen Nutzung oft überlastet. Inzwischen hat sich die Situation aber verbessert. Mit ChatGPT Plus steht dir ausserdem GPT4 zur Verfügung: Ein weiterentwickeltes KI-Modell, das potenziell noch bessere Ergebnisse erzielt. Tatsächlich gehörte GPT4 in der US-amerikanischen Anwaltsprüfung zu den besten zehn Prozent, während das direkte Vorgängermodell zu den schlechtesten zehn Prozent gehörte.
Trotz der Vorteile von ChatGPT Plus erfüllt die Gratisversion in der Regel die Anforderungen der meisten Nutzerinnen und Nutzer. Die Abo-Gebühr empfiehlt sich besonders für diejenigen, die ChatGPT systematisch in ihre Arbeit einbinden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Nutzung von GPT4 aktuell noch auf maximal fünfzig Eingaben in drei Stunden begrenzt ist (Stand August 2023).
Ende 2022 waren die Nutzungsbedingungen noch sehr simpel: Alle Eingaben wurden zur Schulung des Modells verwendet. Personen, die nicht wünschten, dass ihre eigenen Daten für diesen Zweck gespeichert wurden, blieb keine andere Wahl, als die Anwendung zu unterlassen.
OpenAI, vermutlich motiviert von der Mehrheitseigentümerin Microsoft, scheint begriffen zu haben, welche Verantwortung es mit sich bringt, eines der am schnellsten wachsenden Angebote in der bisherigen Menschheitsgeschichte zu sein: Seit etwa Ende Mai 2023 können Nutzerinnen und Nutzer selbst anpassen, ob die Eingaben gespeichert werden sollen oder nicht. Alternativ ist es möglich, über eine technische Schnittstelle mit eigenen Anwendungen Text an ChatGPT zu senden. Diese Daten werden nach dreissig Tagen wieder gelöscht.
Es sind immer gesunder Menschenverstand und Selbstverantwortung gefragt: Überlege dir gut, welche Informationen du eingibst. Gib niemals vertrauliche oder geschäftsinterne Daten preis – egal ob du die Anwendung privat oder beruflich nutzt.
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ChatGPT erstellt alles, was sich mit Sprache ausdrücken lässt: Blog-Artikel, Social-Media-Beiträge, Essays, Workshop-Planungen, Projektpläne, Budgetpläne, Liedtexte, Gedichte, Briefe, Zusammenfassungen… Das funktioniert, indem ChatGPT aufgrund der Trainingsdaten berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Wortsilbe der nächsten folgt. Entsprechend stimmen die Ergebnisse leider nicht immer. Es ist darum wichtig, Fakten immer zu überprüfen, egal wie überzeugend sie formuliert sind. ChatGPT liefert vor allem hervorragende Erstentwürfe, die du noch anpassen musst.
«Prompting wird sich wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu einer Kulturtechnik entwickeln.» |
Khalil Bawar, Digital & Innovation Enabling Manager, Schweizerische Post AG
Je eindeutiger und klarer deine sogenannten «Prompts» sind, also deine Texteingaben, desto bessere Ergebnisse liefert ChatGPT. Das benötigt natürlich etwas Übung. Ich bin aber überzeugt, dass Prompting künftig so wichtig wird, dass es sich neben Lesen, Schreiben und Rechnen zu einer Kulturtechnik entwickeln wird.
So formulierst du starke Prompts:
Schreibe deine Anweisungen auf Englisch
Da ChatGPT vor allem mit englischen Texten trainiert wurde, liefert er auf Englisch tendenziell bessere Antworten. Kompromiss: Formuliere deine Prompts auf Englisch und lass dir das Ergebnis übersetzen. Ungeduldige können ChatGPT bereits im Prompt bitten, das Ergebnis auf Deutsch zu liefern. Solltest du Englisch nicht gut beherrschen, kannst du natürlich auch deine Frage übersetzen lassen.
Weise ChatGPT eine Rolle zu
Überlege dir, wer deine Aufgabe am besten lösen kann. Soll ChatGPT beispielsweise einen Lehrplan für Kinder der dritten Klasse erstellen, schreibe «Agiere als Primarschullehrer».
Was brauchst du?
Soll er dir einen Text zusammenfassen, eine E-Mail schreiben oder eine Analyse erstellen?
Beschreibe die Aufgabe so präzise wie möglich
Je besser du ChatGPT erklärst, was du brauchst, desto bessere Antworten liefert er. Beschreibe dabei nicht, was er nicht tun soll, sondern sage ihm ganz genau, was du möchtest:
Lass ChatGPT nachfragen
Um noch bessere Ergebnisse zu erhalten, füge am Ende folgenden Satz ein: «Bitte stelle mir so viele Fragen wie du möchtest, damit du mir so gut wie möglich helfen kannst.»
Passe das Ergebnis an
Trotzdem. Das Ergebnis wird vermutlich noch nicht ganz deinen Vorstellungen entsprechen. Du kannst ChatGPT bitten, es zu anzupassen. Vielleicht soll er den Text um 30 Prozent kürzen, duzen statt siezen oder bestimmte Themenaspekte mit einbeziehen. An dieser Stelle noch einmal: Fakten immer überprüfen!
Beispiel 1: Instagram-Beiträge für einen Coiffeursalon erstellen
Wenn du den Prompt stattdessen auf Englisch eingibt, benutzt ChatGPT sogar Emojis:
Beispiel 2: Projektplan für Produktentwicklung
Auf YouTube, Instagram und LinkedIn gibt es bereits unzählige Schulungen für das sogenannte «Prompt Engineering», also das Formulieren von Eingabetexten. Es kann am Anfang hilfreich sein, dir auf diese Weise Grundlagentechniken anzueignen. Danach gilt, wie bei jeder anderen Kernkompetenz auch: Übung macht den Meister – oder die Meisterin!
Für alle, die ChatGPT für komplexere Aufgaben einsetzen und nicht wissen, wie sie zum gewünschten Ergebnis kommen, habe ich einen speziellen «Master-Prompt» gefunden. Wenn du diesen eingibst, stellt ChatGPT konkrete Fragen und generiert aufgrund der Antworten einen Prompt.