Dein Unternehmen ist am Wachsen? Gratuliere! Dann stellst du dir vielleicht die Frage, ob du Lernende ausbilden sollst: Lohnt sich das überhaupt? Profitiert mein Unternehmen davon? Muss meine Firma bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um die Lehrlingsausbildung überhaupt in Betracht ziehen zu können? Wir haben dazu Bruno Schumacher befragt, Leiter der Berufsbildung bei der Schweizerischen Post AG.
Er sagt, Lernende ausbilden lohnt sich auf jeden Fall. Studien belegen: In den meisten Berufen lohnt es sich auch finanziell. Die produktive Leistung der Lernenden übersteigt für gewöhnlich die Ausbildungskosten. Zudem profitieren Unternehmen auf weiteren Ebenen davon, junge Menschen auszubilden. Beispielsweise von dem neuen Wissen, das mit den Lernenden ins Unternehmen fliesst.
Lernende erhalten eine Berufsausbildung und werden auf die Arbeitswelt vorbereitet. Wie profitiert ein Unternehmen von der Lehrlingsausbildung?
Ein wichtiger Punkt ist die Sicherung des Nachwuchses, um den eigenen Fachkräftebedarf abdecken zu können. Unternehmen, gerade lokal verankerte Betriebe, tragen aber auch eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung: Sie bieten Jugendlichen durch die Ausbildung eine Perspektive, um ein eigenständiges Leben aufzubauen. Das macht sie zu einem attraktiveren Arbeitgeber, was sich zudem positiv auf das Unternehmens-Image auswirkt.
Lehrbetriebe sind innovativer als nicht-ausbildende Betriebe. Das liegt daran, dass Lernende unter anderem in den Berufsfachschulen und überbetrieblichen Kursen mit den neuesten Methoden und Technologien ausgebildet werden. Dieses Wissen bringen sie ins Unternehmen. Was mich auch immer wieder positiv überrascht, sind ihre kreativen und manchmal unkonventionellen Ideen und Denkansätze. Man selbst neigt oft dazu, auf altbewährte Lösungsansätze zurückzugreifen. Da bringen Lernende wieder frischen Wind in das Unternehmen.
Bruno Schumacher, Leiter der Berufsbildung, Schweizerische Post AG
Du bist bei der Post verantwortlich für die Lernenden. Was gefällt dir besonders an deinem Beruf?
Lernende übernehmen gerne Verantwortung, wenn man sie lässt. Sie sind motiviert, wollen sich ins Team und in den Betrieb integrieren, zeigen Wertschätzung, Dankbarkeit und Lernbereitschaft. Durch die Gestaltung einer spannenden und lehrreichen Ausbildung kann ich und die Post einen echten Beitrag an die Gesellschaft leisten und den Jugendlichen etwas Sinnvolles mit auf den Weg geben. Dies kann im beruflichen wie auch im privaten Kontext sein. Denn sie haben nicht nur fachliche Fragen, sondern suchen den Austausch auch bei persönlichen Schwierigkeiten. Alles das macht die Berufsausbildung für mich zu einer sehr sinnstiftenden Arbeit.
Das ist auch die Motivation der Schweizerischen Post. Als Grossunternehmen nehmen wir unsere Verantwortung wahr, einen positiven Beitrag an die Gesellschaft zu leisten. Wir bilden nicht nur für den eigenen Bedarf Fachkräfte aus, sondern wir bilden sehr bewusst für den Arbeitsmarkt aus. Mit dem Ziel, auch anderen Firmen den Zugang zu gut ausgebildeten Fach- und Führungspersonen zu ermöglichen.
Was muss ich als Unternehmen bieten können, um Lernenden auszubilden? Muss ich bestimmte Vorkehrungen treffen?
Um einen Ausbildungsplatz anzubieten, sollte ein Betrieb Aufgaben haben, anhand derer sich Lernende die typischen Fähigkeiten und Kenntnisse im Beruf aneignen können. Ganz wichtig ist auch eine ausbildende Person, die ein Flair für Jugendliche hat und fachlich sowie pädagogisch geeignet ist. Weiter gehört ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz dazu. Im nächsten Schritt führt der Weg zum Lehrbetrieb über die Bildungsbewilligung des Kantons. Die kantonalen Ämter für Berufsbildung begleiten Firmen gerne in diesem Prozess.
Gibt es Betriebe, die sich besser oder weniger gut eignen, um Lernende auszubilden?
Nein, grundsätzlich eignen sich alle Branchen und Firmen dafür. Kleinstbetriebe sollten allerdings erst prüfen, ob sie über genügend Ressourcen verfügen, um die Ausbildung fachlich und personell gut begleiten zu können. Ist dies gewährleistet, steht auch ihnen nichts im Weg, um zum Lehrbetrieb zu werden.
Welche Voraussetzungen sollte die ausbildende Person neben den Fachkenntnissen mitbringen?
Als erstes sicher die Bereitschaft, sich mit den Jugendlichen auseinanderzusetzen und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Sie soll motiviert sein, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Das braucht Zeit und Geduld. Man muss Verständnis und eine gewisse Toleranz aufbringen für diese nicht immer einfache Altersphase. Es ist darum wichtig, den Lernenden nicht nur bei schulischen Angelegenheiten beizustehen, sondern auch ein offenes Ohr für ihre sonstigen Anliegen und Probleme zu haben.
Es tauchen viele Fragen auf, auch kritische. Das bedeutet, man muss bereit sein, über seinen eigenen Standpunkt nachzudenken. Die eigene Arbeitsweise, sich selbst und das eigene Verhalten hinterfragen können. Auf die Frage «Warum machen wir das so?» reicht es nicht, zu sagen: «Weil wir das schon immer so machen.» Genau auf diesem Weg kommen aber auch neue Perspektiven und Denkansätze ins Unternehmen – und nicht zuletzt ins eigene Leben.
Was gilt es bei der Lehrlingsausbildung besonders zu beachten? Hast du Tipps für uns?
Es ist wichtig, den Lernenden spannende und geeignete Aufgaben zu übertragen. Dazu muss man ihnen das notwendige Vertrauen schenken und sie selbstständig arbeiten lassen. Nur so lernen sie, Verantwortung zu übernehmen. Sie sollen spüren, dass sie für das Unternehmen wichtig sind und einen Beitrag zum Erfolg leisten. Wenn sie sich als Arbeitskraft nicht geschätzt fühlen, spiegelt sich das negativ in ihrer Arbeitsmotivation wider.
Weiterführende Informationen zur Berufsbildung bei der Schweizerischen Post.
Du stellst neue Lehrlinge in deinem Unternehmen ein? Hier findest du eine Checkliste, was du dabei beachten musst. Und hier findest du alle wichtigen Informationen zum Lehrvertrag – inklusive Vorlage.
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